Herzlich Willkommen!

Wir freuen uns über Ihr Interesse an der Zukunft. Immer zum ersten Tag eines Monats hinterfragen wir hier Entwicklungen, Ideen, Visionen oder auch ganz pragmatische Ansätze zu einer lebenswerten Zukunft. Wir sind gespannt auf Ihre Kommentare!



Sonntag, 1. März 2020

Die Summe des Verhaltens

Im Grossen wie im Kleinen wundern wir uns dieser Tage und haben Fragen im Kopf:

In einem Team lässt sich eine Gruppe von 21 durch drei Stinkstiefel das Klima vergiften! Was ist das für ein Phänomen? Und: wie kann man das Phänomen umkehren? Wie können 18 sich gegenseitig positiv (ver-)stärken?
Wie kann es sein, dass ein paar Lautschreier den Rest des Systems so mitnehmen und dominieren? Und die Anderen sich machtlos fühlen? Und dann in Workshops nach "Tricks" fragen, wie sie sich am besten "durchsetzen".

Und was können wir aus dem "Schauspiel" in Thüringen lernen? Die Politologin Sabine Kropp hat im Deutschlandfunk darauf hingewiesen, dass Institutionen - und damit auch die Verfassung - nur zur Geltung kommen, wenn sie durch ein Verhalten gestützt werden, das den Werten dieser Institution entspricht. In Gesellschaften wie in Organisationen wird Kultur durch die Summe des Verhaltens ihrer Mitglieder gebildet. Und bestätigt oder verändert!
Wenn wir in einer Umgebung leben, in der Demokratie, Vielfalt, Diskussion und unterschiedliche Standpunkte "normal" sind und getragen weren durch ein gemeinsames Verständnis von freiheitlicher Grundordnung: durch welches Verhalten können wir dann zeigen, dass wir die Verfassung bestätigen?

Während wir miteinander diese Fragen diskutierten, haben wir recherchiert und zwei Enden einer Skala für uns gefunden:

Das eine Ende beschreibt ein Buch mit dem Titel "Reden und Recht behalten". Das wäre vielleicht etwas für unsere oben genannten Teilnehmenden und ihre Frage nach den Tricks.

Das erinnerte uns an einige Szenen in Trainings, in denen es nur an der Oberfläche um eine Sache ging. Um was sich die Diskussion tatsächlich drehte, war das Bedürfnis, Recht zu behalten - und auf keinen Fall einen Kompromiss einzugehen, denn damit einher ginge das Gefühl, verloren zu haben. In der digitalen Welt ist wohl auch unser Diskussionsverhalten digital geworden: entweder ich habe Recht oder ich habe verloren. Vielleicht hören wir bei dem Wort Kompromiss "fauler Kompromiss" leise mit. Es sieht so aus, als hätten wir den Gerichtssaal, in dem zu Recht zum das Recht gestritten wird, immer in der Jackentasche dabei und meinen, dass nur einer Recht erhalten kann. Das mag vor Gericht so sein - überall anders aber sind Kompromisse möglich, von denen die beteiligten Parteien profitieren können.

Wir sind der Überzeugung, dass es ohne Kompromisse nicht geht - gute Kompromisse, sachgerechte Kompromisse, win-win-Situationen - das ist nicht die leichteste Übung, weil wir die Bedürfnisse der beteiligten Parteien respektieren müssen - aber genau deswegen lohnt es sich.

Daher stehen wir eher am anderen Skalenende bei M. Rosenberg, der provokativ fragt: "Recht haben oder glücklich sein?" Niemals würde er Ihnen das Recht abstreiten, vor Gericht Unrecht anzuklagen. Ihm geht es viel mehr um den direkten Kontakt in der Kommunikation. Wer da vor allem Recht behalten will, steht sich selber im Wege. Aus dem Blog der Trainerin für GfK - Gudrun Höntsch- greifen wir diesen Gedanken gerne auf. Und: Der Tipp des Fachverbandes zur gfk, sich täglich daran zu erinnern, wie man in Verbindung sein kann - statt auf sein Recht zu pochen, gefällt uns. Er drückt den Respekt aus, den wir für das Bestätigen der Verfassung für wichtig halten.


2 Kommentare:

  1. Wunderbarer Blogeintrag - und schön, dass er auch auf Marshall B. Rosenberg verweist.

    Zu der Beobachtung, dass auch verbriefte Rechte nur sicher sind, wenn die Gesellschaft auch hinter diesen Rechten steht, gibt es auch einen schönen (und eigentlich immer aktuellen) Text von George Orwell aus dem Dezember 1945:
    https://www.orwellfoundation.com/the-orwell-foundation/orwell/essays-and-other-works/freedom-of-the-park/

    Er schreibt: "The point is that the relative freedom which we enjoy depends on public opinion. The law is no protection. Governments make laws, but whether they are carried out, and how the police behave, depends on the general temper in the country. If large numbers of people are interested in freedom of speech, there will be freedom of speech, even if the law forbids it; if public opinion is sluggish, inconvenient minorities will be persecuted, even if laws exist to protect them."

    AntwortenLöschen
  2. Vielen Dank für das nette Kompliment zu unserem Post und den interessanten Hinweis auf George Orwell!

    AntwortenLöschen